Flora Klein
Flora Klein, Untitled (yellow), 2017, Acryl auf Leinwand, 75 × 70 cm. Foto: Timo Ohler
Das Kellergewölbe im Jost-Sigristen-Haus (1581 erbaut) ist für einen Profanbau ungewöhnlich kunstvoll. Vielleicht wurden hier einst wertvolle Waren gelagert, weil gewölbte Räume höheren Brandschutz bieten. In diesem Sommer entfalten darin die Malereien von Flora Klein ihre Wirkung. Ihre fast quadratischen Bilder treten in Dialog mit der besonderen Atmosphäre des Raums; leichte Unterschiede in Grösse und Dichte erzeugen ein visuelles Pulsieren.
Warme Gelb-, Orange- und Rottöne und kühles Grau und Blau erzeugen verschiedene Stimmungen, erinnern an Jahreszeiten, an Erde oder Landschaften. Die abstrakten Bilder wirken weniger über den Verstand als über intuitives Sehen – eine kontemplative, ästhetische Erfahrung jenseits von Erzählung und Interpretation.
Formal greifen die Werke Rasterstrukturen auf, ein Motiv mit Tradition in der männlich dominierten Kunstgeschichte: Seit dem Mittelalter dienten Übertragungsraster dem Transfer der Realität auf die Bildfläche; in der modernen Malerei Anfang des 20. Jahrhunderts war das Raster ein Gestaltungselement und in der Minimal Art und Konzeptkunst der 1960er-Jahre betonte es Rationalität, Reduktion und Serialität. Als Künstlerin im 21. Jahrhundert eignet sich Flora Klein das Raster neu an – in ihren Malereien löst es sich auf, Linien verweben sich zu angedeuteten Netzen, die in Bewegung geraten.
Die Bilder entstanden 2017 und wurden eigens für diesen Raum ausgewählt. Darin wird die bestehende Verbindung deutlich: Flora Klein ist in Ernen aufgewachsen, ihre Malerei steht somit in einem persönlichen Dialog mit diesem Ort.
Am 3.8. lädt Flora Klein mit Elisa R. Linn und Tiphanie Kim Mall zum Open-Air-Filmclub der polnischen Versager*innen ein. Zu den Veranstaltungen
Flora Klein (*1988) ist Malerin. Sie ist in Ernen aufgewachsen und lebt in Berlin. Neben Ausstellungen im Kunsthaus Glarus, Kunsthaus Hamburg, bei der Galerie Max Mayer in Berlin oder Tara Downs in New York wurden ihre Werke bereits vor zehn Jahren an der ersten Ausgabe von Zur frohen Aussicht gezeigt. Klein hat verschiedene Projekte mitinitiiert, bei denen der soziale Austausch zentral ist: Dazu gehört beispielsweise der Filmclub der polnischen Versager*innen mit Elisa R. Linn und Tiphanie Kim Mall oder das kollektiv organisierte Festival Curbit. Zudem unterrichtet Flora Klein an der Zürcher Hochschule der Künste.