Tomas Baumgartner
Taucher
Auf unsichtbare Systeme und mehr verweist Tomas Baumgartners Skulptur aus Beton, die am Rande eines landwirtschaftlich genutzten Feldes ein kleines Stück im Boden versenkt wird. Die Skulptur ist im ersten Moment nicht als solche erkennbar. Sie wird als Infrastruktur wahrgenommen, als ein architektonisches Element mit einer bestimmten Funktion. Der Taucher ist just dort platziert, wo eine Wasserleita (Suone) für einige Meter unterirdisch verläuft. Das Wasser ist hör-, aber nicht sichtbar und die Skulptur schafft einen visuellen Takt im Rhythmus der an dieser Stelle unsichtbaren Präsenz. Eine Infrastruktur, die mit Wasserkraft zu tun hat, wäre hier durchaus plausibel, ist die Nutzung dieser Energiequelle in der Region doch seit den 1950er-Jahren verbreitet. Und trotzdem ist sie bei diesem kleinen «Bach» verdächtig. Der Taucher ist ein Fremdkörper im eigentlichen Sinne, ein überflüssiges Element in der Landschaft dieses Hochtals mit einer nur fiktiven Funktion. Er hat sich durch Camouflage eingeschlichen. Die Vermenschlichung des Objekts durch den Titel Taucher macht diese Skulptur auch auf einer gesellschaftlichen Ebene lesbar. Für Baumgartner sind versteckte Systeme und Zonen etwas Anziehendes und Anregendes. Wenn er mit seiner Skulptur auf Unsichtbares aufmerksam macht, weist er nicht nur auf das unterhalb der Oberfläche, sondern auch auf das ausserhalb des Tals Liegende hin. Die von vielen als beengend wahrgenommene Situation in einem Tal wird zu einer offenen, wenn man der Imagination die Möglichkeit gibt, das den Bergen Jenseitige zu erkunden. Die Architektur wird so zur Schnittstelle zwischen sinnlich wahrnehmbarer Umgebung und Vorstellungskraft.
*1990 geboren und aufgewachsen in Engi, im Kanton Glarus. Um Fotografie zu studieren, zog es ihn nach Zürich und anschliessend nach Genf, wo er heute lebt und einen Master in Kunst absolviert. Das Interesse an ländlichen Gegenden scheint in seinen Arbeiten immer wieder durch. Er arbeitet zwischen Installation, Skulptur und Fotografie und fühlt sich dort am wohlsten, wo die Medien sich überlagern.